13 Fragen an Jenny Friedrich und Benjamin Reissing vom Kreisschülerrat

Wie denken die Stadtverordneten und die Vereine und Initiativen über die Bad-Befragung? Welchen Standort bevorzugen sie und warum? Und was meinen die Politiker eigentlich zum Wahlalter 16? Diese und andere Fragen haben wir gestellt. 13 Fragen an: Jenny Friedrich und Benjamin Reissing. Sie sind die Sprecher des Kreisschülerrates in Potsdam und engagieren sich besonders für die kommunale Bildungspolitik.

Wann habt Ihr Euer Seepferdchen gemacht (erste Schwimmstufe)?

Jenny Friedrich: Das war in der Grundschule, aber ich weiß nicht mehr genau in welcher Klasse.
Benjamin Reissing: Ich habe gar keins gemacht, weil ich in einem Dorf aufgewachsen bin, das in Wassernähe lag und ich daher sowie so schon sehr früh schwimmen konnte.

Was haltet Ihr von der aktuellen Befragung als Methode der BürgerInnen-Beteiligung?

Jenny Friedrich: Ich finde Befragungen als Möglichkeit zur Mitwirkung gut, da Politiker nicht einfach über unsere Köpfe hinweg Entscheidungen treffen können. Allerdings wäre mir ein Bürgerentscheid aufgrund der höheren Verbindlichkeit lieber.
Benjamin Reissing: Dem schließe ich mich an.

Werden sich viele 16-/17-Jährige an der Befragung beteiligen? Was denkt Ihr: wie stimmt die Jugend (16-27) bei der Bad-Befragung ab?

Jenny Friedrich: Ich denke, dass viele Jugendliche mitmachen werden, da es kein besonders komplexes Thema ist und man schnell eine Entscheidung treffen kann. Außerdem werden sicher viele junge Leute das Schwimmbad nutzen wollen und darum ist es für sie besonders interessant, den Standort mitbestimmen zu dürfen. In meinem Freundeskreis beobachte ich eine deutliche Tendenz zum Brauhausberg. Eine Umfrage im Kreisschülerrat ging auch klar in diese Richtung.
Benjamin Reissing: Ich schätze, dass die Beteiligung bei den Jugendlichen sich genauso verhalten wird, wie bei den Erwachsenen. Also so bei 50% liegen wird. An sich finde ich eine solch geringe Beteiligung aber Schade, da gerade die Jugendlichen in den nächsten Jahren von der Entscheidung betroffen sein werden.

Was haltet Ihr von der Kampagne „Potsdam geht baden! Aber wo?“?

Jenny Friedrich: Finde ich super! Besonders schön ist, dass man über facebook so viel von der Kampagne mitbekommt. So weiß man immer, wo die Ente gerade steht und wie die Stimmung vor Ort aussieht.
Benjamin Reissing: Diese Beteiligungskampagne finde ich sehr gut, weil damit die jungen Leute zum mitmachen animiert werden. Zwar trauen viele sich selbst und ihren Altersgenossen die Mitbestimmung noch nicht so recht zu, aber ich denke, dass ist bei den Erwachsenen auch nicht anders und daher ist das Wahlalter ab 16 Jahren eine super Sache.

Mit wem wollet Ihr gern zusammen die neue Rutsche runter rutschen? Warum?

Jenny Friedrich: Mit meinen Freunden, weil ich eh mit denen schwimmen gehe.
Benjamin Reissing: Wenn das neue Schwimmbad am Brauhausberg gebaut wird, dann würde ich dort sehr gerne mal zusammen mit dem Oberbürgermeister eine Runde runter rutschen. So könnte er sich davon überzeugen, dass der Standort Brauhausberg auch schön ist – weil er ja im Moment so vehement für den Volkspark eintritt.

Was haltet Ihr vom Wahlrecht ab 16 Jahren? Warum?

Jenny Friedrich: Diese Fragen haben wir auch im Kreisschülerrat (KSR) diskutiert und ich muss sagen, dass ich über die Ergebnisse dieser Gespräche schon erstaunt war: Der KSR war nämlich eher gegen ein Wahlrecht ab 16, da bezweifelt wurde, dass Jugendliche ab 16 schon eine ausgereifte Wahlentscheidung treffen können. Auch ich habe da so meine Bedenken, da Jugendliche, laut Studien, eher zur Radikalität neigen und die Frage ist, ob wir wollen, das Rechts- oder Linksextreme Parteien mehr Stimmen bekommen.
Benjamin Reissing: Ich finde es sehr gut, wenn Jugendliche sich auch auf diesem Weg beteiligen können. Das führt nicht nur zu einer Belebung, sondern die Politiker_innen müssen sich so eben auch auf junge Themen einstellen und ihre bisherigen Positionen neu überdenken – schließlich müssen sie sich jetzt ja auf die Jugendlichen als neue Wähler_innen Gruppe einstellen. Und nur weil jemand – ob jung oder alt – nach links oder rechts neigt, heißt das noch lange nicht, dass sie gleich radikal sein oder werden müssen.

Bei welchen Themen sollten Jugendliche (in Potsdam, auf kommunaler Ebene) mehr mitbestimmen können?

Jenny Friedrich: Jugendliche wissen am besten wo sie ihre Freizeit verbringen möchten, was zum Beispiel Bäder oder Clubs angeht. In Potsdams Innenstadt gibt es bisher leider wenig Raum für junge Menschen. Auch die Studentenwohnheime liegen außerhalb des Zentrums. Schöner wäre es, wenn junge Leute die Stadt mehr beleben würden. Zudem sollte der ÖPNV dringend für die Mitsprache von jungen Menschen geöffnet werden – so zahlen etwa Schüler_innen ab 14 bei Einzelfahrscheinen bereits den vollen Fahrpreis und das ist mit dem durchschnittlichen Taschengeld einfach oft nicht drin.
Benjamin Reissing: Jugendliche sollten bei allen Themen mitsprechen und mitentscheiden können, da sie wie - jeder Erwachsene auch - von allen Entscheidungen direkt betroffen sind. Schließlich sind sie ja diejenigen die in den nächsten Jahren – wenn sie dann volljährig sind – die Folgen und Kosten als Steuerzahler tragen.

Was muss passieren, damit Jugendliche sich politisch mehr engagieren? Wie muss Politik auf Jugendliche zugehen, damit Politik "jugendgerechter" wird?

Jenny Friedrich: Die parlamentarische Gremienstruktur ist zu kompliziert und alles ist zu „verregelt“. Das stößt viele Jugendliche ab. Die Politiker_innen – gerade auf Bundesebene – erscheinen sehr weit weg und es wirkt oft so, als würden sie sich nur um sich selbst und ihren Machterhalt kümmern. Außerdem werden viele Ämter nur von älteren Menschen besetzt – wohingegen junge Politiker_innen und Amtsträger_innen oft nur auf ihr Alter reduziert werden und man ihnen kaum Können und Durchsetzungsvermögen zutraut. Um junge Menschen wirklich anzusprechen, müsste sich das ändern.
Benjamin Reissing: Niemand – gerade nicht Jugendliche – hat das Gefühl, er könnte noch etwas bewirken. Ich finde, man sieht das sehr gut an der Piraten Partei – allein das Versprechen von mehr Mitbestimmung treibt die Menschen in Scharen zu ihnen. Außerdem müssen aktuelle Themen auf die Tagesordnung! So etwa die Copyrights- und Urheberrechtsfragen und so weiter. Und dazu müssten die älteren Politiker_innen eben auch mal zur Seite treten und sich kompetente Leute dazu holen, die ihnen dabei helfen können. In den genannten Punkten wäre das zum Beispiel der ChaosComputerClub – der da ja schon sehr aktiv ist.

Wie sollten sich die Parteien für die nächsten Kommunalwahlen 2014 auf die neue WählerInnengruppe der Jugendlichen ab 16 Jahren einstellen?

Jenny Friedrich: Grundsätzlich sollten die Parteien mehr junge Menschen aufstellen. Diese sollten dann außerdem mehr auf die Wählerinnen und Wähler zugehen: sie sollten, auch außerhalb von Wahlzeiten, an Ständen stehen und Fragen der Bürgerinnen und Bürger beantworten. So würden sie zeigen, dass es ihnen nicht nur um ihre (Wieder-)wahl, sondern tatsächlich um die Menschen geht.
Benjamin Reissing: Ein aktiver Dialog – wie zum Beispiel auf Podiumsdiskussionen – muss her, weil die Wahlprogramme der Parteien einfach zu trocken sind und die allein zu Hause eh keiner liest. Die Politik sollte ehrlich auf die Menschen zugehen – zum Beispiel an Schulen: Hier könnten doch immer mehrere Parteien auf einmal auftreten, sodass sich die Schüler_innen ein besseres Bild machen könnten, da sie so den direkten Vergleich hätten. Und ich vermisse einfach mal eine selbstkritische Sicht der Parteien auf sich selbst – ein solches Feedback könnte man dann ebenfalls an Schulen vermitteln.

Wie könnte man - anderes herum gefragt - Jugendinteressen an die Politik vermitteln?

Jenny Friedrich: Dafür bietet das Internet die besten Möglichkeiten an.
Benjamin Reissing: Viele junge Menschen sind einfach bereits „Politikmüde“ und selbst wenn der Zugang durch das Internet leicht ist, machen die meisten es trotzdem nicht von selbst. Es gehört meiner Ansicht nach auch zur Politik die Menschen zum Mitmachen zu motivieren!

Was ist der Kreisschülerrat (KSR)? Welche Aufgaben und Funktionen hat er? Was gibt es aktuell?

Jenny Friedrich: Im KSR sind je zwei Vertreter_innen von jeder Schule zum Mitmachen eingeladen. Er ist eine Schaltstelle zwischen den Schüler_innen und den Eltern sowie Lehrer_innen, welche jeweils im Kreiselternrat und im Kreislehrerrat organisiert sind. Diese drei Gremien begegnen sich im Kreisschulbeirat und versuchen dort zusammen Lösungen für die gemeinsamen Probleme zu finden. Uns im KSR geht es insbesondere auch darum den Austausch zwischen den Schulen zu fördern und sich gegenseitige Hilfestellungen zu geben. Außerdem ist es unsere Aufgabe unsere Mitschüler_innen über die neusten Entwicklungen zu informieren. Im KSR sind alle weiterführenden Schulen organsiert – allerdings nicht diejenigen, welche sich in freier Trägerschaft befinden. Wir sind überparteilich – oder unparteiisch – und setzen uns normalerweise nicht mit stadtpolitischen Themen – wie etwa Stadtentwicklung – auseinander. Bei uns steht natürlich die Bildungspolitik klar im Mittelpunkt! Wir sehen aber was die Themenauswahl angeht, durchaus noch Entwicklungspotenzial oder besser Erweiterungspotenzial für die Zukunft. Dabei muss man aber wissen, dass wir immer nur für 2 Jahre gewählt werden und sich dann ein neuer KSR zusammensetzt. Dieses Jahr haben wir das Glück, dass wir einen sehr starken und gut besetzten KSR haben – der gerade durch die gute Vernetzung per Internet viel erreichen kann.

Fühlt Ihr Euch als KSR wahr-/ernst genommen? (Bereich Schule/Bildung, andere Politikbereiche)

Jenny Friedrich: Ich persönlich fühle mich ernst genommen. Als Schaltstelle funktionieren wir sehr gut! Allerdings wurden wir schon ziemlich ins kalte Wasser geworfen: Die Vorbereitung war nicht gut – wir mussten uns selber Seminare organisieren, um überhaupt alle Aufgaben, Pflichten und Rechte des KSR kennenzulernen. Wenn man da keine Schüler_innen hat, die sich selber zu helfen wissen, ist man echt aufgeschmissen. Bei den Eltern und Lehrer_innen läuft das wirklich besser, was vor allem daran liegt, dass die meistens viele Jahre lang dabei sind – im Gegensatz zu uns, da wir immer nach 2 Jahren Neuwahlen haben und viele Schüler durch den Schulabschluss entfallen. Das ist leider problematisch. Außerdem gibt es bei den Schüler_innen oft große Verständnisschwierigkeiten, wenn komplizierte Dinge in absolutem Fachchinesisch besprochen werden. Das ist besonders auf Landesebene im Landesschulbeirat ein großes Problem – da fühle ich mich oft überfordert.
Benjamin Reissing: Ich wünsche mir durchaus, dass wir noch viel mehr wahrgenommen werden und an mehr Entscheidungen teilhaben können. Außerdem sehe ich wirklich auch das Problem, das die Eltern und Lehrer_innen zum Teil seit Jahrzenten im Kreisschulbeirat sitzen und deshalb viel besser informiert sind als die Schüler_innen. Wenn das dann als Argument benutz wird, um die Schüler_innen an den Rand zu drängen, ist es sehr schwer damit umzugehen. Ich wünsche mir daher mehr professionelle Unterstützung und mehr Akzeptanz unserer ehrenamtlichen Arbeit, wenn es zum Beispiel um den damit verbundenen Schulstundenausfall geht. Und auch das jugendgerecht Aufbereiten von Themen ist ein riesen Problem: Das funktioniert auf Kreisebene schon nicht so richtig und auf Landesebene ist es richtig schlimm. Bisher habe ich oft den Eindruck, dass die Organisation nicht so ausgelegt ist, dass Schüler_innen vernünftig daran teilnehmen können.

Wie wollt Ihr Euch zukünftig in der Stadt Potsdam einbringen?

Jenny Friedrich: Im Moment versuchen wir den KSR erstmal bekannter zu machen und so neue Partner_innen für eine Zusammenarbeit und Nachwuchs zu finden.
Benjamin Reissing: Unser erstes Ziel ist es, dass der KSR mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dazu wollen wir mehr Medien nutzen und gezielt die Presse ansprechen. Außerdem wollen wir in mehr wichtige Themenfelder einbezogen werden – wie zum Beispiel in die aktuelle Diskussion nach den Sozialarbeiter_innen an den Schulen. Und schließlich wollen wir alle Schüler_innen ansprechen, die sich engagieren wollen, aber nicht richtig wissen wie!


Video-Interview mit Jenny Friedrich vom Kreisschülerrat (KSR)